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Offener Brief an den Präsidenten der Bundesnetzagentur
13.04.2019 20:38
Der Verein hat einen offenen Brief an den Präsidenten der Bundesnetzagentur gesendet. Mit der Frage, ob bei der Versteigerung der Frequenzen für 5G auch an funkfreie Schutzzonen für Elektrosensible Menschen gedacht wurde.
Der Brief wird im Folgenden wiedergegeben.
An den Präsidenten der Bundesnetzagentur
Herrn Jochen Homann
Tulpenfeld 4
53113 Bonn
OFFENER BRIEF
München, den 28.03.2019
Versteigerung der Frequenzen für 5G -
Elektrosensible Menschen sind auf Erhalt von funkfreien Schutzzonen angewiesen
Sehr geehrter Herr Homann,
trotz zahlreicher an die zuständigen Entscheidungsträger gerichteter Appelle von Wissen-schaftlern und Medizinern aus aller Welt läuft seit 19.03.2019 die Versteigerung der Frequenzen, die den Netzbetreibern für den Ausbau der 5G Technik bereitgestellt werden sollen. Die Betreiber werden verpflichtet, die ersteigerten Frequenzen auch zu nutzen und insbesondere die Netzstruktur zügig und flächendeckend auszubauen. Der geplante engmaschige Netzausbau bringt es mit sich, dass die Anzahl der dafür benötigten Sendestationen in einer Größenordnung liegen wird, die man sich gar nicht ausmalen möchte, vor allem wenn man zu den Menschen gehört, die schon jetzt kaum noch einen Platz zum Überleben finden.
Der Verein für Elektrosensible und Mobilfunkgeschädigte e.V. setzt sich für die Belange von Menschen ein, die auf elektromagnetische Felder, wie z. B. gepulste Hochfrequenz-Immissionen von Mobilfunkbasisstationen, WLAN oder Smartphones, mit z. T. gravierenden gesundheitlichen Beschwerden reagieren. Je nach individueller Disposition, Einwirkungsdauer, sowie Intensität und physikalischer Spezifikation der Strahlenquelle können sich die gesundheitlichen Beschwerden zu einer lebensbedrohlichen Symptomatik entwickeln. Die Betroffenen erfahren tagtäglich, dass ihnen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zunehmend erschwert bis unmöglich gemacht wird, da die funktechnisch gestützten Kommunikationssysteme in allen Lebensbereichen des Alltags Einzug gehalten haben.
Derzeit ist die Verzweiflung der elektrosensiblen Menschen besonders groß, weil mit der nächsten Mobilfunkgeneration 5G wieder eine neue Systemtechnik zur Anwendung kommt, für die sogar das Bundesamt für Strahlenschutz noch Forschungsbedarf sieht. „Wie sich der neue Antennentyp auf die Exposition der Bevölkerung auswirkt, das werden wir auch in Forschungsvorhaben begleiten und beobachten“ (Zitat Gunde Ziegelberger vom BfS gegenüber dem rbb).
Mit dieser für uns befremdlichen Aussage wird der Startschuss für den nächsten Feldversuch am Menschen gegeben und wieder wird nach dem Prinzip „Trial- and-Error“ verfahren, obwohl die Vergangenheit bereits gezeigt hat, dass die Auswirkungen der gepulsten Hochfrequenzen auf den menschlichen Organismus schon jetzt verheerend sind, da durch die amtliche Nichtanerkennung der zugrundeliegenden Kausalität naturgemäß eine hohe Dunkelziffer an Betroffenen erzeugt wird, die in einer Endlosschleife ihres Leidensweges gefangen gehalten werden. Denn die vermeintliche Unerklärlichkeit ihres gesundheitlichen Beschwerdebildes führt dazu, dass sich die elektrosensiblen Menschen nach langer Odyssee durch alle zur Verfügung stehenden diagnostischen Instanzen schließlich im weiten Feld der psychiatrischen Diagnostik und der psychopharmakologischen Therapie wiederfinden. Oft ist es nur dem Zufall geschuldet, dass sie den Weg zu einem Arzt finden, der mit der nötigen Fachkompetenz auf dem Gebiet der Umweltmedizin ausgestattet ist, um die eigentliche Ursache erkennen zu können. Damit wird zwar sichergestellt, dass ihnen wenigstens weitere kontraproduktive Therapiemaßnahmen erspart bleiben, aber Hilfe von Amts wegen wird ihnen weiterhin versagt, noch nicht einmal das Recht auf Nicht-Bestrahlung in den eigenen vier Wänden wird ihnen zugestanden, obwohl die Unverletzlichkeit der Wohnung ein verbrieftes Grundrecht darstellt.
Wenn der digitale Fortschritt eines mit sich bringt, dann dies:
gesundheitliche Auswirkungen
- Schmerzen (Kopfschmerzen, Gelenkschmerzen, Muskelschmerzen), 24h am Tag, jahrelang bis lebenslang, was von den Betroffenen als Folter empfunden wird.
- Schlafentzug, völlige Erschöpfung, das Verrichten der einfachsten alltäglichen Dinge wie kochen oder aufräumen wird zum Kraftakt
- Ameisenlaufen unter der Kopfhaut, Lymphdrüsenschwellungen, Druckgefühl im Kopf, Ohrrauschen, Tinnitus, Schwindel mit Orientierungsverlust, Herzrhythmusstörungen, Blutdruck-Entgleisungen, Panik-Attacken
- speziell unter LTE: Wummern und Dröhnen im Kopf, Vibrieren des ganzen Körpers, Druckgefühl in der Brust („Eisenring“), Gelenkschwellungen und Schmerzen wie „Gicht“
- In funkarmer Umgebung bzw. in einem Funkloch verschwinden die o.g. Beschwerden!
soziale Auswirkungen
- sozialer Unfrieden in den Dörfern und in der Nachbarschaft wegen geplanter Sendemasten oder WLAN-Hotspots
- Zerwürfnisse in Freund- und Nachbarschaften (der eine ist elektrosensibel, doch der Nachbar will nicht auf sein Smartphone, WLAN u.a.m. verzichten)
- Zerbrechen von Familien und Partnerschaften (uns sind hochgradig elektrosensible Mütter wie Väter bekannt, die wegen der Hochfrequenzbelastung des häuslichen Umfeldes nicht länger zusammen mit ihren Kindern leben können – das ist eine unzumutbare psychosoziale Belastung auch im Hinblick auf das Kindeswohl!)
- Konflikte am Arbeitsplatz wegen der dort vorliegenden Hochfrequenzbelastung (Sendemasten in der Nähe, WLAN-Router, Smartphone-nutzende Kollegen)
- Konflikte und Rechtsstreitigkeiten mit Krankenkassen, um Leib und Leben gefährdende Therapiemaßnahmen abzuwenden
- Konflikte mit Arbeitsämtern und Jobcentern, da das Krankheitsbild Elektrohypersensibilität (EHS) nicht anerkannt wird und so auch kein Anspruch auf einen gesundheitsverträglichen funkfreien Arbeitsplatz besteht
- Konflikte und Rechtsstreitigkeiten mit Rentenversicherungsträgern, da den Betroffenen eine Verrentung unter einer psychiatrischen Fremddiagnose nahegelegt wird.
- Arbeitsplatzverlust, Wohnungsverlust, soziale Isolation, Obdachlosigkeit, Verarmung, Überlebensversuch unter Extrembedingungen, Suizid
Uns sind Schwerstbetroffene bekannt, die in Wohnwägen, Hütten und sonstigen Behausungen ein Dasein unter menschenunwürdigen Bedingungen in den letzten Funklöcherns dieses Landes in unwirtlichen Waldgebieten fristen. Andere haben keinen anderen Ausweg mehr gesehen und ihrem Leiden selber ein Ende gesetzt.
Die Versteigerung der Frequenzen für die 5 G Technik wird voraussichtlich Einnahmen in Höhe von 3 bis 5 Milliarden (Quelle: Münchner Merkur vom 20.01.2019) in die Staatskasse spülen. Diese Einnahmen müssen allen Bürgern zugutekommen, sowohl jenen, die sich vom digitalen Fortschritt abgehängt fühlen, als auch jenen, die gerade durch das Fortschreiten der digitalen hochfrequenten Kommunikationssystemtechnik aus ihrem Lebensumfeld herauskatapultiert wurden und dadurch in ihrer Existenz bedroht werden.
Daher fordern wir, dass ein angemessener Anteil des Erlöses als Nachteilsausgleich in gesundheits- und lebenserhaltende Maßnahmen für diejenigen Menschen investiert wird, die von jeglicher gesellschaftlicher Teilhabe ausgeschlossen werden und mit ihrer Gesundheit dafür bezahlen, dass sich der Staat mithilfe des digitalen Fortschritts eine lukrative Einnahmequelle erschließt.
Als gesundheits- und lebenserhaltende Maßnahmen sind dringend erforderlich:
- Schwerstbetroffene: Bestandschutz für ihr jeweiliges derzeitiges Refugium
- Ausweisung und Einrichtung weiterer funkfreier Schutzzonen in angemessener Anzahl und Umfang („Weiße Zonen“)
- Transparente und umfassende Vorabinformation zu allen geplanten Standorten: Bauart, Aufstellungsort, Höhe, Systemtechnik (einschließlich Richtfunk), Frequenzbereich, Modulation, Sendeleistung
- Verpflichtung der Netzbetreiber den Zeitpunkt der Inbetriebnahme (einschließlich Probebetrieb!) jeder neu installierten Sendeanlage mit einer Frist von 14 Tagen vorher bekanntzugeben
- Verpflichtung der Netzbetreiber, jegliche Veränderung an der Systemtechnik (Hardware und Software) mit einer Frist von 14 Tagen vorab bekanntzugeben
- Stärkung des Mitspracherechts der Gemeinden bei der Standortwahl: der Mobilfunkpakt ist eine Farce und das aggressive Geschäftsgebaren inakzeptabel (Nacht-und-Nebel-Aktionen, Erpressungsversuche, Einschüchterungen von Bürgermeister und Gemeinderäte)
- Es ist festzustellen, dass die Netzbetreiber, den Druck, der vom politischen Willen erzeugt wird, an die Gemeinden weitergeben: „Ich verstehe Ihre Sorgen, aber uns sitzt die Politik im Nacken, wir müssen liefern..“ (Frank-Peter Käßler, Kommunalbeauftragter der Telekom in der Gemeinderatssitzung Ettal am 26.02.2019)
- Verbot von „Nacht- und Nebel-Aktionen“ der Netzbetreiber (Installation von Sendeanlagen zu Unzeiten und in letzter Minute, um eine regulierende Einflussnahme auf die Standortwahl zu verhindern, d.h. kurz vor dem Inkrafttreten von entsprechenden Gemeinderatsbeschlüssen)
- kostenlose technische Eignungsprüfung von gewünschten Alternativstandorten durch unabhängige Sachverständige (Betreiber lehnen die seitens der Kommunen vorgeschlagenen Alternativ-Standorte regelmäßig ab: „technisch nicht geeignet“)
- unabhängige Informationsveranstaltungen für Gemeinden und interessierte Anwohner (Verbot von interessenorientierten Werbeveranstaltungen der Betreiber)
- verpflichtende Beachtung des Bürgerwillens: jede Gemeinde muss das Recht erhalten, selber zu entscheiden, z. B. mittels einer offiziellen Bürger-Befragung, ob die Installation von funktechnisch gestützten Kommunikationssystemen erwünscht ist oder eben nicht.
- Meldepflicht für alle öffentlichen WLAN-Hotspots
- Vorzug von Glasfaser statt Funk: finanzielle Unterstützung von ländlichen Gemeinden zur Sicherung eines schnellen Internetanschlusses mittels Glasfaserverbindung
Sehr geehrter Herr Homann, wir bitten Sie, sich kraft Ihres Amtes dafür einzusetzen, dass die o.g. Erfordernisse erfüllt werden, auch um den Verlust von weitern Menschenleben zu verhindern. Es ist ein fataler Irrtum anzunehmen, dass nur diejenigen betroffen sind, die eine körperliche Sensibilität auf Hochfrequenzimmissionen entwickelt haben.
Wir appellieren an Ihre Bereitschaft, Ihren Blickwinkel hinsichtlich der o.g. Problematik zu erweitern und bei allen Planungen auch die Bereiche mit einzubeziehen, die nicht vom Flutlicht der digitalen Euphorie ausgeleuchtet werden.
Wir sind davon überzeugt, dass es Ihnen nicht an Mut mangelt, um zu handeln und unserer Bitte im Namen der Menschlichkeit nachzukommen.
Wir danken Ihnen für Ihre Hilfe und verbleiben in höflicher Erwartung Ihrer Antwort
mit freundlichen Grüßen
der Vorstand